Torkeln und Stürzen kann ganz schnell mal passieren. Selbst mir! Das nicht nur bei Schneefall und Eisglätte. Auch bei anderen Gelegenheiten sind Ausrutschen, Stolpern oder verunglücktes Treppen-Hinunter-Hasten unerwünschte Auslöser. Nicht zu vergessen die Stürze vom Fahrrad. Die Folgen sind mindestens unangenehm, manchmal aber auch schwerwiegender.

In aller Öffentlichkeit hinzufallen wird darüber hinaus als ziemlich peinlich empfunden. In der eigenen Wohnung ist mit Zuschauern zwar nicht unbedingt zu rechnen, allerdings werden gerade hier Gefahrenstellen häufig unterschätzt. Notwendige Hilfen können dann nicht geleistet werden, wenn gerade niemand anderer anwesend ist!

Plötzlich und unerwartet ist es passiert

Ich habe mich auf den „Bart“ gelegt. Schön, es war Winter. Und der Jahreszeit entsprechend „frisch!“. Nach einer Familienfeier gingen wir in einer kleinen Gruppe den leicht abschüssigen Weg zu unseren auf der Straße geparkten Fahrzeugen hinunter. Der zur Mittagszeit gefallene Schnee war teilweise weggeweht, auch hier und da bereits geschmolzen, am späten Abend dann zu kleineren Eisflächen gefroren. Und genau auf eine solche habe ich meinen Fuß so aufgesetzt, dass er mir keinen Halt gab. Die plötzliche Sicht auf den sternenklaren Himmel rief für einen kurzen Moment große Verwunderung in mir hervor. Aber dann stand ich auch schon wieder mit beiden Füßen fest auf einem nicht mehr ganz so rutschigen Untergrund.

Schwindel ist nicht lustig

Auch gelegentlicher Schwindel kann ein Auslöser fürs Hinfallen sein. Die Ursachen reichen von körperlichen bis zu psychischen Erkrankungen. Deshalb ist bereits bei leichtem, aber immer wieder mal auftretendem Schwindel, ärztliche Hilfe angeraten.

Wissenschaftler haben viel zum Hinfallen geforscht*)

Sie haben herausgefunden, dass das Risiko, das Gleichgewicht zu verlieren, mit zunehmendem Alter größer wird. Aber auch immer mehr junge Menschen fallen öfter mal hin. Gut, die stehen meist relativ unbeschadet auch wieder auf.

*) Derzeit aktuelle Erkenntnisse findest du im Artikel „Stürzend und stolpernd durch den Alltag“ der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft.

Learning by Doing

Die Art und Weise, wir uns bewegen, folgen sogenannten „Bewegungsmustern“. Diese werden in unserer frühesten Kindheit angelegt. Und zwar während der Lernphasen des Krabbelns, Stehens, Laufens. In den ersten Lebensjahren werden diese Bewegungsmuster weiter „ausgebaut“, bis eine gewisse „Gebrauchsfähigkeit“ erreicht ist. Später werden sie dann nicht mehr wirklich hinterfragt.

Gefahr erkannt – Gefahr gebannt

Gelegentliche Unsicherheiten im Gangverhalten müssen nicht unbedingt besorgniserregend sein. Aber sie sind ein guter Hinweis, frühzeitig Möglichkeiten einer Korrektur zu suchen. Denn Vorbeugen ist immer noch besser als Nachsorgen.

  • Gleichgewicht im Gehen und Stehen lässt sich verbessern;
  • mit überschaubarem Aufwand;
  • die unangenehmen Folgen lassen sich gut minimieren.

Vermeidungsstrategie

Der beste Sturz
ist immer ein vermiedener Sturz!

Möglichkeiten, mit denen sich ein Sturz vermeiden lässt, finden wir in den Grundlagen beispielsweise des Aikido. Wunderbarerweise ist es auch genau das, was wir ohnehin täglich tun: Stehen und Gehen. Nutzen wir das aus!

Stehen

Bevor du eine Kampfkunst lernen kannst,
lerne erst, richtig zu stehen.

Für die Krieger der Vergangenheit war es überlebensnotwendig, einen stabilen aufrechten Stand zu haben, ein gutes Gleichgewicht halten zu können. Besonders unter ihren oft widrigen Umständen. Für heutige Kampfsportler und -künstler ist das keine Nostalgie.

Es ist auch für normale Menschen lohnend, einen besonderen Blick darauf zu werfen.

Zunächst geht es darum, die Selbstverständlichkeit des Stehens zu erweitern um ein Verständnis dafür, WIE wir auf dem Boden stehen: „Fühlend und Spürend“! Um wirklich zu wissen, WAS wir tun! Damit verwurzeln wir uns mit dem Boden und erfahren somit eine ganz andere Stabilität.

Ein guter Einstieg ist das Stehen auf einem Bein, z. B. morgens beim Zähneputzen auf dem einen, abends bei gleicher Tätigkeit auf dem anderen Bein. Anfangs ist es gut, sich im Notfall abstützen zu können, damit sich Fuß und Bein an die andere Art der Belastung gewöhnen.

Wenn Du etwas Übung hast, versuche das Gleiche mal mit geschlossenen Augen.

Dann genügt es, im Laufe des Tages immer wieder innezuhalten und erinnernd nachzuspüren, wie sich der Kontakt der Füße mit dem Boden anfühlt. Und da wir ohnehin jeden Tag des Öfteren stehen, nutzen wir die Gelegenheit einfach.

Aufrichtung

Die Aufrichtung des Körpers ist ein wichtiger Aspekt sowohl beim Stehen als auch beim Gehen. Die dahinführenden Details sind kein Hexenwerk. Ein kompetenter Übungsleiter ist trotzdem empfehlenswert.

Gehen

Obwohl der aufrechte Gang so selbstverständlich ist, scheint Gehen doch ein recht komplexer Vorgang zu sein.

„Wir gehen nicht, wohin wir wollen,
sondern in die Richtung, in die wir fallen“.

(Manoj Srinivasan, Ohio State University)

Gehen ist genau genommen ein permanentes Hinfallen. Wir verhindern es nur dadurch, dass wir immer gerade rechtzeitig ein Bein nach vorn bringen und uns dadurch abfangen können. Wenn das Bein daran gehindert wird, ist ein Sturz kaum mehr aufzuhalten, was häufig an Bordsteinkanten oder Treppenstufen passiert. Gut vermeiden lässt sich das allerdings mit einem stabilen Gleichgewichtsverhalten. Nicht immer – aber immer öfter!

Entspanntheit

Unsere Muskulatur ist lebensbedingt ohnehin verspannter und härter als sie sein sollte. Im Schreck eines plötzlichen Sturzes erhöht sich die Verspannung nochmal um ein vielfaches. Dann schlägt ein verhärteter Körper auf einen harten Boden auf. Dessen Beschaffenheit ist gegeben und nicht veränderbar. Der Spannungszustand der Muskulatur aber schon. Mit einer stabilen Entspannungsfähigkeit lässt es sich relativ schadensärmer wieder aufstehen.

torkeln stolpern stürzen. Darstellung der Bandbreite unserer Körperspannung.

Im Bild ist die Bandbreite eines dynamischen Spannungsverhaltens zwischen Anspannung und Entspannung dargestellt. In der Entspanntheit lässt sich die in der Mitte angesiedelte Wohlspannung wie eine Art „schlafende Energie“ verstehen. Von hier aus lässt es sich schnell umschalten von einer unter Spannung stehenden, arbeitenden Muskulatur zu einer entspannten, ruhenden Muskulatur und umgekehrt.

Hierfür bieten sich erprobte Methoden wie „Autogenes Training“, „Progressive Muskelentspannung“, „Eutonie“ oder die „Feldenkraislehre“ an. Sie werden regelmäßig in verschiedenen Institutionen angeboten und sind gut zu erarbeiten.

Gleichgewicht

Damit wir in einem stabilen Gleichgewicht bleiben, spielt sich nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern zwischen Körper und Gehirn ein höchst komplexes Geschehen ab. Eine bewusste, übende Wahrnehmung des eigenen dynamischen Gleichgewichts ist daher eine wesentliche Voraussetzung für eine gewünschte Sturzvermeidung.

Damit Hinfallen gar nicht erst passiert !

Lassen sich durchs Aikido-Training die Sturzfolgen abmildern?

Ja – denn der Kontakt mit dem Mattenboden wird auf intelligente Weise weich und schadensfrei abgefedert.

Damit die im Aikido vermittelten Wurftechniken gefahrlos ausgeführt werden können, wird bei Anfängern bereits am ersten Übungsabend mit der Fallschulung begonnen. Somit lassen sich die im Laufe der Zeit immer dynamischer werdenden Wurftechniken gut neutralisieren.

Und ganz wichtig für die bereits etwas Älteren und/oder die nicht (mehr) ganz so Sport-ambitionierten: eine sanfte, rücksichtsvolle „Zusammenführung“ von Körper und Boden ist Bestandteil der Aikido-DNA.

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