Takt, Höflichkeit, Rücksichtnahme, eine vorurteilsfreie, voraussetzungslose Anerkennung und Akzeptanz des Anderen sind die Bausteine, aus denen sich die Tugend des Respekts zusammensetzt.

„Kommunikatives Miteinander und Aikido:
beides wird im Kern von bewusster Absicht
der Ausübenden durchdrungen –
und in beidem ist wertschätzende Achtsamkeit
ein Schlüssel für erfolgreiches Miteinander.“

Olaf Vittinghoff, Kommunikationstrainer
und Mitinitiator der Aikido-Gruppe Hilden

Wem sollte Respekt gelten?

Den Menschen, ihrem Tun, ihrer Lebensleistung, eigentlich allem, wovon wir als Gemeinschaft partizipieren; und wir uns in unserer Individualität entfalten können.

Darüber hinaus der gesamten manifesten Schöpfung. Denn die unermessliche Vielfalt dieser Natur auf unserem Planeten Erde ermöglicht uns Menschen ein Leben in Fülle.

Denn Natur gibt es zwar auch auf anderen Planeten oder auf dem Mond. Nur – dieser Natur dort ausgesetzt, würde uns kaum Zeit lassen für einen kurzen Blick in die unmittelbare Umgebung, geschweige denn für einen Eindruck in die Weite des Universums.

Im Wissen darum dürfen wir durchaus Gefühle wie Ehrfurcht, Ehrerbietung, Dankbarkeit und eben auch Respekt für die Leistung der Natur in uns zulassen.

„Es ist viel wertvoller, stets den Respekt der Menschen
als gelegentlich ihre Bewunderung zu haben.“

Jean-Jacques Rousseau

Das 4. (An-)Gebot: Halte Vater und Mutter in Ehren, solange sie leben auf Erden

Dieses biblische (An-)Gebot weist auf die kleinste Zelle einer Gesellschaft hin. Hier insbesondere auf das Generationenverhältnis zwischen Eltern und Kindern, das allen Widrigkeiten des Lebens zum Trotz fest auf dem Fundament von Liebe und Respekt steht. – Eigentlich!

Vor allem darauf, dass es hier auch einen entscheidenden lebensbedingten Wechsel gibt. Sind am Anfang die Kinder von der Fürsorge liebender Eltern abhängig, verändert sich alles, wenn die Eltern im Alter der Fürsorge ihrer Kinder bedürfen. Der Respekt der nunmehr erwachsenen Kinder vor ihren altgewordenen Eltern basiert auf dem Respekt, den ihre Eltern ihnen auf dem Weg ins Erwachsenwerden entgegengebracht haben.

Ein Gebot, das nicht nur in der christlichen Welt verbreitet ist, sondern auch in anderen Kulturen. Vielleicht in einem anderen Wortlaut, aber inhaltlich sehr ähnlich.

Nichts ist kläglicher als Respekt, der auf Angst basiert

Jahrhundertelang wurde unter Respekt ritualisierte Höflichkeit, Gehorsam, Obrigkeitsgläubigkeit verstanden. Respekt (Unterwürfigkeit ?) hatte man Höhergestellten, Würdenträgern, Amtspersonen, Richtern, Polizisten, Geistlichen, Lehrern, den eigenen Eltern, alten Menschen entgegenzubringen.

Respektlos konnten Menschen behandelt werden, die sich in der gesellschaftlichen Rang(Hack)ordnung weiter „unten“ befanden: „Nichtsnutzige“, „Schmarotzer“, „Tagträumer“, „Verrückte“, „Tunichtgute“ und „Gottlose“.

Heute sind es Sozialhilfe-/Hartz-IV-Empfänger, Schulabbrecher, Migranten, nicht selten Untergebene in Firmen und Behörden und, das sollte nicht unerwähnt bleiben – gerade auch Frauen. Also alle, die in den Augen der Respektlosen als „schwach“, „hilflos“, „unterbelichtet“ erscheinen.

Respektlosigkeit – Grundübel von Gewalttätigkeiten

Das Grundübel für die vielfältigen Formen von Gewalttätigkeiten in unserem Alltag ist nicht die Gewalttat selbst, sondern das sie ermöglichende und fördernde Klima des fehlenden Respekts vor der Würde des einzelnen und das sich dadurch auflösende Gespür für Recht und Unrecht.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar …“

(Artikel 1, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland)

Gewalttätigkeiten machen dabei nur offenbar, welch zentrale Rolle die profit-, macht- oder geltungsorientierte Respektlosigkeit bei uns spielt. Sehr anschaulich stellt Jonathan Düring diesen Aspekt in seinem Beitrag „Gewalt in der Schule“ dar. Er zeigt auf, dass eine respektvolle (!) und Respekt vermittelnde Erziehung den jungen Menschen achtet und be-achtet. Und ihn nicht zum Humankapital, Standortfaktor oder Leistungsträger degradiert.

Wo fängt Gewalttätigkeit an?

Nun – nicht erst da, wo die Faust des einen auf der Nase eines anderen landet. Sondern weit vorher. Mobbing kennt mittlerweile jeder und viele mussten es schon erfahren. Es findet überall statt, in Betrieben, in Schulen, in Familien, im Straßenverkehr, und immer, wenn tatsächliche oder vermutete soziale Unterschiede bzw. Schwäche dazu missbraucht werden, die gefühlte eigene Minderwertigkeit mit der Herabsetzung eines „unter ihm“ stehenden gefahrlos kompensieren zu können. Was beileibe nicht im Digitalzeitalter erfunden wurde.

Und sonst?

Leider wird seit über 100 Jahren mit dem Beginn der Industrialisierung unserer Mitwelt übel mitgespielt, einem Teil unserer tierischen Mitbewohner durch unsere unersättliche Fressgier nach billigem Fleisch Ehrerbietung und Respekt schlicht verweigert. Wir nehmen sie nur noch als Fleischlieferanten zur Kenntnis. Einem anderen Teil entziehen wir durch rücksichtslose Abholzung und Zubetonierung der Landschaft die notwendigen Lebensgrundlagen. Die landwirtschaftlich genutzten Böden werden durch Chemikalien permanent vergiftet und das Grundwasser gleich mit. Respekt und Ehrfurcht gehen anders.

Gewalt verhindernder Respekt lässt sich nicht einfach einfordern.
Immer steht davor der Respekt und die Achtung vor sich selbst.

Die Rolle der Rituale im Aikido

Die japanische Kultur kennt eine ganze Reihe von Ritualen, die Harmonie und Respekt zum individuellen und allgemeinen Wohlleben ermöglichen sollen. Diese Kultur spiegelt sich auch im Aikido wider. Die hier gepflegten Rituale muten für den Anfänger zunächst etwas seltsam, weil ungewohnt, an. Daher liegt es in der Verantwortung des Übungsleiters, diese gut und nachvollziehbar zu erläutern. Denn erst wer die Bedeutung der Rituale kennt, kann sie auch annehmen und akzeptieren.

Im partnerschaftlichen Üben des Aikido ist ein Respektieren und Respektiert-Werden bereits angelegt. Das herauszufördern ist Teil des Übungsweges. Damit es auch in den Alltag der Übenden hinüberweht.

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